Kritik an Schreiblehrmethoden in der Grundschule
„Der Spiegel“ titelte „Die Recht Schreip-Katerstrofe: Warum unsere Kinder nicht mehr richtig schreiben lernen“. Seit vielen Jahren seien Grundschüler einem deutschlandweiten Feldversuch ausgesetzt: Reformer wollten kreativere Geschöpfe heranziehen. Nun lernten die Kinder nicht mehr richtig schreiben. Experten redeten von einer Rechtschreibkatastrophe. Sehr deutlich werde die soziale Diskriminierung an Schulen: „Es scheitern vor allem Kinder aus der Unterschicht“, sagte Rafaela von Bredow aus dem SPIEGEL-Wissenschaftsressort. „Wenn es um die Gymnasialempfehlung geht, werden sie aussortiert – egal wie hoch ihr IQ ist. Nur weil sie die Rechtschreibung nicht beherrschen.“ (www.spiegel.de)
In einem Gespräch mit dem „Schulspiegel“ erläuterte Günter Jansen, ehemaliger Grundschullehrer und Fachleiter, dass die Grundannahme der neuen Methoden zum Schreibenlernen, die Elemente des Konzepts „Lesen durch Schreiben“ des Schweizer Reformpädagogen Jürgen Reichen übernommen haben, wie die „Rechtschreibwerkstatt“, „Tinto“, die „ABC-Lernlandschaft“ oder „Konfetti“ falsch sei. Jansen sagte: „Reichen ging davon aus, dass Kinder sich die Schriftsprache selbst erarbeiten könnten. Dafür sollen sie zunächst so schreiben, wie sie sprechen. Ein Unding! Zahllose Fehlschreibungen – die von Lehrern über ein oder sogar drei Jahre hinweg nicht oder kaum korrigiert werden – sind vorprogrammiert. Die Kinder dann in der zweiten oder dritten Klasse wieder umzupolen und ihnen statt der antrainierten chaotischen Rechtschreibung die richtigen Schreibweisen beizubringen, ist meist unglaublich schwer. Hirnforscher wissen: Richtig Schreiben lernen wir ähnlich wie Geigespielen oder Hochsprung. Man weiß: Wenn sich dabei gewisse falsche Routinen einmal entwickelt haben, sind sie kaum wieder abzutrainieren.“ Die Methoden überforderten die Kinder. Besonders Unterschichtskinder, Migrantenkinder und Kinder, die eine genetische Belastung zur Ausbildung einer Legasthenie aufweisen, litten besonders unter dieser Methode zum Schriftspracherwerb. (www.spiegel.de)
Sprachwissenschaftler und VDS-Geschäftsführer Dr. Holger Klatte erklärte vor dem Hintergrund der Kritik an neuen Schreiblehrmethoden wie „Lesen durch Schreiben“ auf detektor.fm: „Rechtschreibung darf nicht irrelevant werden. Es wird weniger Wert darauf gelegt, was auch ein Einfluss der neuen Medien ist. Aber sie ist und bleibt wichtig.“ (hier)
Das „Deutschlandradio“ stellte Vor- und Nachteile vom Schreibenlernen bei den Methoden „Freies Schreiben“ (schreiben nach Gehör mithilfe einer Anlauttabelle) und Schreibenlernen mit der Fibel oder Schreiblehrgang (systematisches Kennenlernen: Buchstabe für Buchstabe und Wort für Wort). (wissen.dradio.de)
Quelle: Verein Deutsche Sprache – VDS Infobrief 25.Woche 2013