Gen­der-Main­stream und Pädagogik

Gen­der-Main­stream und Pädagogik –
Wie passt das zusammen?
von JOSEF KRAUS,
Prä­si­dent des Deut­schen Leh­rer­ver­ban­des (DL)
Was ist ‘gen­der’?
Gen­der ist das sozia­le Geschlecht im Gegen­satz zum biologi-
schen Geschlecht (‘Sex’). Wäh­rend letz­te­res gene­tisch angelegt
bzw. allen­falls chir­ur­gisch bzw. künst­lich-hor­mo­nell veränderbar
sei, müs­se man/​frau sich Gen­der als sozia­les Pro­dukt vorstellen.
In der Spra­che des Kon­struk­ti­vis­mus bzw. des Dekonstrukti-
vis­mus ist Gen­der eine sozia­le Kon­ven­ti­on, ein soziales
Kon­strukt, das auf­ge­baut oder eben gesprengt werden
kann. Ja, mehr noch: Nach der Gen­der Mainstream-Theorie

(GM) gibt es kei­nen kau­sa­len Zusam­men­hang von biologi-
schem und sozia­lem Geschlecht. Die Hete­ro­se­xua­li­tät, so
die Gen­de­ri­sten, sei ohne­hin ein Repres­si­ons­sy­stem. Inso-
fern spre­chen die Gen­der-Theo­re­ti­ker auch von Zwangshe-
tero­se­xua­li­tät. Nach der Gen­der Mainstream-Theo-
rie gibt es kei­nen kau­sa­len Zusam­men­hang von bio-
logi­schem und sozia­lem Geschlecht. Mit die­ser The­se und ihren Fol­gen setzt sich der schei­den­de Prä­si­dent des Deut­schen Leh­rer­ver­ban­des in kla­rer Diktion
aus­ein­an­der.
Das Män­ner­bild des GM scheint dem­ge­gen­über von einer
höchst bio­lo­gi­sti­schen Betrach­tungs­wei­se beein­flusst: Män-
ner hät­ten ein­fach ein fal­sches Chro­mo­som, das für die Pro-
duk­ti­on von Testo­ste­ron ver­ant­wort­lich sei. Testo­ste­ron aber
bedeu­te Ter­ror, Tyran­nei, Tod und Teu­fel; Östro­gen dagegen
bedeu­te Fried­lich­keit, Frucht­bar­keit, Frohsinn.
Seit der Welt­frau­en­kon­fe­renz von 1995 in Peking ist GM-
Arbeit jeden­falls Teil der Arbeit der UNO und seit dem Amster-
damer Ver­trag von 1999 Teil der Arbeit der EU und damit ver-
pflich­ten­de Auf­ga­be der EU-Mit­glieds­staa­ten. Zum Beispiel
dür­fen zukünf­tig laut EU-Par­la­ment kochen­de und waschende
Müt­ter nicht mehr zu Wer­be­zwecken gezeigt werden.
Die Schaf­fung eines neu­en GM-Men­schen ist jetzt regierungs-
amt­li­che Poli­tik. Man­che nen­nen das einen ‘rosa Sozialismus’.
Die Bun­des­re­gie­rung kann da nicht zurück­ste­hen. Einen zwei-
stel­li­gen Mil­lio­nen-Betrag hat sie bereits ‘ver­gen­dert’. Zum Bei-
spiel för­dert das Res­sort für Fami­lie, Senio­ren, Frau­en und Ju-
gend seit 2003 ein ‘Gen­der­Kom­pe­tenz­Zen­trum’, das ist ein ‘an-
wen­dungs­ori­en­tier­tes For­schungs­in­sti­tut’ an der Humboldt-
Uni­ver­si­tät zu Berlin.
Übri­gens gibt es der­zeit in Deutsch­land etwa 120 Professuren
für alte Spra­chen (unse­re sprach­li­chen und kul­tu­rel­len Wur-
zeln), aber 212 Pro­fes­su­ren für Genderforschung!
Hier ein fast schon kaba­ret­ti­sti­sches Bei­spiel, wie sich GM in
der Poli­tik umsetzt: nament­lich im Gesetz­ent­wurf der Bundes-
regie­rung für eine Novel­lie­rung des Mutterschutzgesetzes
(MuSchG) – Ent­wurf vom 28. Juni 2016; feder­füh­rend: Manue-
la Schwe­sig (SPD). Die Defi­ni­ti­on von ‘Frau’ lau­tet dort in Para-
graph 2, Absatz 1, wie folgt: »Eine Frau im Sin­ne die­ses Geset-
zes ist jede Per­son, die schwan­ger ist oder ein Kind gebo­ren hat
oder stillt, unab­hän­gig von dem in ihrem Geburts­ein­trag ange-
gebe­nen Geschlecht.« In den Erläu­te­run­gen zu die­sem Entwurf
heißt es: »Damit gel­ten auch für Per­so­nen ohne Geschlechtsein-
trag und männ­li­che Per­so­nen die Vor­schrif­ten des MuSchG, sofern sie schwan­ger sind, ein Kind gebä­ren oder stil­len. Die
For­mu­lie­rung stellt sicher, dass auch zukünf­ti­ge Änderungen
im Per­so­nen­stand erfasst werden.«
Face­book ist da wei­ter: Wer sich dort einen Account anlegen
will, hat für die eige­ne Cha­rak­te­ri­sie­rung die Wahl zwischen
sech­zig Geschlechtern!
Sodann macht GM vor allem nicht Halt vor der Spra­che! Die
De-Kon­struk­ti­on klas­si­scher Geschlech­ter­bil­der fin­det nämlich
längst sprach­lich statt. Ja, immer schon haben Mäch­ti­ge und
Ideo­lo­gen ver­sucht, mit Sprach­dik­ta­ten die Gehir­ne zu beset-
zen.
Geor­ge Orwell lässt grü­ßen. In sei­nem Roman ‘1984’ sagt der
an einem Wör­ter­buch der ‘Neu­spra­che’ basteln­de Sprach-
wis­sen­schaft­ler Syme zu Win­s­ton Smith, der Haupt­fi­gur des
Romans: »Siehst du denn nicht, dass die Neu­spra­che kein
ande­res Ziel hat, als die Reich­wei­te der Gedan­ken zu verkür-
zen? … Es ist ledig­lich eine Fra­ge … der Wirklichkeitskontrolle.
… Die Revo­lu­ti­on ist voll­zo­gen, wenn die Spra­che geschaffen
ist.«
Nun also geht ein neu­es Sprach­ge­spenst um. Es heißt Gen­der-Lin­gu­istik. In der Fol­ge wer­den Mas­ku­li­na – ob es seman­tisch und gram­ma­tisch kor­rekt ist oder nicht – durch Femi-
nina ersetzt: Bür­ge­rIn­nen, Fuß­gän­ge­rIn­nen … Und zwar ohne
Rück­sicht dar­auf, dass mit dem gene­ri­schen (männ­li­chen) Plu-
ral als ‘genus coll­ec­ti­vum’ in allen indo­ger­ma­ni­schen Sprachen
alle Men­schen – ob Männ­lein oder Weib­lein – mitgemeint
sind.
An der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät Ber­lin (HUB) hat die Arbeitsgrup-
pe für ‘Femi­ni­stisch Sprach­han­deln’ eine Bro­schü­re mit ‘anti-
dis­kri­mi­nie­ren­den’ Sprach­emp­feh­lun­gen her­aus­ge­ge­ben. Darin
wer­den etwa Sät­ze wie der fol­gen­de emp­foh­len: »Unsa Laut-
sprecha ist per­ma­nent auf Demos unter­wegs. Ea erfreut sich
hoher Beliebt­heit.«
Eine klei­ne Aus­wahl an wei­te­ren Genie­strei­chen: ‘Der’ Mensch
darf auch nicht mehr sein, selbst wenn es ‘die’ Menschheit
gibt. ‘man’, ‘jemand’, ‘nie­mand’ dür­fen eben­falls nicht mehr
sein, weil all die­se Wör­ter männ­li­chen Ursprungs und Ausdruck
eines patri­ar­cha­li­schen Andro­zen­tris­mus sei­en, den es zu ‘ent-
patri­fi­zie­ren’ gel­te. Das Fra­ge- bzw. Rela­tiv­pro­no­men ‘wer’ bei-
spiels­wei­se soll in ‘wex’ umge­wan­delt wer­den. Ganz vorne
dran ist der/​die/​das Pro­fes­sx (sic!) Lann Horn­scheidt – eine rea-
le Per­son, aber ein Künst­ler­na­me, der das Geschlecht (real: Ant-
je) der Per­son nicht ver­ra­ten soll. Horn­scheidt ist Pro­fes­sx für
Gen­der Stu­dies und Sprach­ana­ly­se am Zen­trum für Transdis-
zipli­nä­re Geschlech­ter­stu­di­en. Sie wünscht als Anre­de: »Sehr
geehrtx Profx Lann Horn­scheidt«. Um wie viel wit­zi­ger und
krea­ti­ver sind da doch die Namen Aste­rix, Obe­lix, Ide­fix, Mira-
culix, Maje­stix und Troubadix!
An der Uni­ver­si­tät Leip­zig gibt es seit 2013 nur noch das gene-
rische Femi­ni­num: Pro­fes­so­rin­nen, Dozen­tin­nen, dementspre-
chend die Anre­de »Herr Pro­fes­so­rin«. Die Uni Leip­zig hat damit
mit einem Feder­strich eine hun­dert­pro­zen­ti­ge Frau­en­quo­te in-
stal­liert. Wie­der woan­ders wer­den – auch aus Ministermunde
– Zuhö­rer einer Ver­samm­lung mit »Mit­glie­der und Mitgliede-
rin­nen« angeredet.
Wo führt die­ser ‘nicht-sexi­sti­sche Sprach­wahn’ sonst noch hin?
Es kommt zu selt­sa­men Par­ti­zi­pi­al­kon­struk­tio­nen: das Bäcker-
hand­werk wird zum Backen­den-Hand­werk, die Fußgängerbrü-
cke wird zur Fuß­ge­hen­den-Brücke, der Rei­ter­sitz wird zum Rei-
ten­den-Sitz .
So rich­tig inter­na­tio­nal wird die Sache mit der EU: Die EU
möch­te ger­ne die Bezeich­nun­gen haben ‘Elter 1’ und ‘Elter 2’.
In man­chen Kom­mu­nen Eng­lands gibt es einen Leit­fa­den für
Leh­rer: Man darf nicht mehr von ‘Mum and Dad’ spre­chen. Es
könn­te ja schließ­lich Kin­der geben, die statt ‘Mum and Dad’
eben ‘Dad and Dad’ oder ‘Mum and Mum’ haben. In Spanien
soll es laut einem Gesetz der sozia­li­sti­schen Regie­rung nicht
mehr Vater und Mut­ter hei­ßen, son­dern pro­ge­ni­tor A und
pro­ge­ni­tor B. Da fehlt nur noch – auch das bereits ein Vor-
schlag –, dass Neu­ge­bo­re­ne geschlechts­neu­tra­le Namen be-
kom­men, damit sie spä­ter ihr Geschlecht selbst auswählen
kön­nen.
Hier wird zudem ordent­lich Zwang aus­ge­übt. An manchen
Uni­ver­si­tä­ten bekommt man Punkt­ab­zü­ge in Examensarbei-
ten, wenn man kei­ne gen­der­ge­rech­te Spra­che verwendet.
GM-Päd­ago­gik – oder: Gen­der macht Schule
Bei so viel Sprach­re­ge­lung kann die Päd­ago­gik nicht abseits-
ste­hen. Gen­der-sen­si­ble Bil­dung sowie Gen­der­trai­ning sind
jetzt ange­sagt.
An der TU Ber­lin ist man längst soweit. Dort schlos­sen sich
1989 Päd­ago­gen aus einer Män­ner­grup­pe zusam­men und
grün­de­ten ‘Dis­sens’, einen Ver­ein für eine ‘akti­ve Patriarchats-
kri­tik’. Haupt­an­lie­gen war es, Jungs früh zu Kri­ti­kern des eige-
nen Geschlechts zu erzie­hen. Rol­len­spie­le für Jun­gen wie »Ich
habe eine Schei­de und tue nur so, als sei ich ein Jun­ge« gehö-
ren dazu. Das heißt dann ‘nicht-iden­ti­tä­re Jun­gen­ar­beit’, in
Öster­reich ‘nicht-iden­ti­tä­re Bur­schen­ar­beit’. Ger­ne bie­tet man
Jun­gen Nagel­lack und Prin­zes­sin­nen­klei­der an.
‘man’/’frau’ wird nicht müde, das Ende der ‘Zwangs­he­te­ro­se-
xua­li­tät’ anzu­sa­gen. Auch ‘wis­sen­schaft­lich’! So gibt es mittler-
wei­le Dis­ser­ta­tio­nen mit dem Titel ‘Doing Gen­der im Chemie-
unter­richt’.
Bei­spiel Baden-Württemberg
Im Süd­we­sten der Repu­blik sorg­te Ende 2013 ein kultusminis-
teri­el­les ‘Arbeits­pa­pier’ für Furo­re. Baden-Würt­tem­bergs dama-
lige grün-rote Lan­des­re­gie­rung woll­te damit die Bildungsplanre-
form 2015/​2016 einleiten.
Stein des Ansto­ßes war ein das gesam­te Arbeits­pa­pier prägen-
de durch­gän­gi­ge Ziel, näm­lich dass stets der »Gesichts­punkt
der Akzep­tanz sexu­el­ler Viel­falt« zu berück­sich­ti­gen sei. Ge-
meint waren mit Viel­falt ‘LSBT­TI-Men­schen’ – also »die Gruppe
von les­bi­schen, schwu­len, bise­xu­el­len, trans­se­xu­el­len, trans-
gen­der und inter­se­xu­el­len Men­schen«. Bei ‘Bil­dung für nach-
hal­ti­ge Ent­wick­lung’ lau­te­ten die Zie­le etwa wie folgt: »Schü­le-
rin­nen und Schü­ler ken­nen die ver­schie­de­nen For­men des Zu-
sam­men­le­bens von/​mit LSBT­TI-Men­schen…« Im Rah­men der
‘Medi­en­bil­dung’ soll­ten sich Schü­ler »in digi­ta­len Medi­en über

Lebens­si­tua­tio­nen von LSBT­TI-Men­schen« infor­mie­ren. So ging es dahin – quer durch alle (!) Schul­stu­fen inklu­si­ve Grund-

schu­le und ‘spi­ral­cur­ri­cu­lar’ durch alle (!) Unterrichtsfächer.
Aus­sa­gen zu Ehe und Fami­lie such­te man in dem Papier verge-
bens. Gegen all das reg­te sich mas­si­ver Wider­stand. Der Realschul-
leh­rer Gabri­el Stäng­le hat­te via Inter­net-Peti­ti­on über 190 000 Unter­schrif­ten sam­meln kön­nen. In sei­nem Peti­ti­ons­pa­pier hieß es explizit:
»Wir unter­stüt­zen das Anlie­gen, Homo­se­xu­el­le, Bisexuelle,
Trans­gen­der, Trans­se­xu­el­le und Inter­se­xu­el­le nicht zu diskrimin-
ieren.« Das vor­lie­gen­de mini­ste­ri­el­le Papier, so Stängle,
zie­le aber auf eine Umer­zie­hung. Direk­te oder indi­rek­te Unter-
stüt­zung erfuh­ren die Peten­ten sei­tens der CDU und der Kir-
chen. Vor allem wand­ten sich die Kir­chen gegen jede Form der
‘Funk­tio­na­li­sie­rung, Instru­men­ta­li­sie­rung, Ideo­lo­gi­sie­rung und
Indok­tri­na­ti­on’ zumal im ‘sen­si­blen Bereich der sexu­el­len Iden-
tität’. Die Peti­ti­on gegen die ‘Ideo­lo­gie des Regen­bo­gens’ war
aber kaum öffent­lich gewor­den, da brach eine medi­al eif­rig be-
glei­te­te Ent­rü­stung aus. Gegen Leh­rer Stäng­le gibt es beim Re-
gie­rungs­prä­si­di­um Karls­ru­he eine Dienstaufsichtsbeschwerde,
weil er gegen das Mäßi­gungs­ge­bot des Beam­ten­rechts versto-
ßen habe. Gro­ße Tei­le der Pres­se schrei­ben davon, dass die Pe-
ten­ten mit ihrer ‘Homo- und Trans­pho­bie’ eine ‘Het­ze’ gegen
Homo­se­xu­el­le insze­niert hät­ten. Von ‘rechts­extre­men, funda-
men­ta­li­sti­schen Strö­mun­gen’ war gar die Rede.
Nach der Land­tags­wahl in Baden-Würt­tem­berg vom 13. März
2016 und der grün-schwar­zen Regie­rungs­bil­dung Mit­te Mai
2016 gibt es das Leit­prin­zip ‘Akzep­tanz sexu­el­ler Viel­falt’ nicht
mehr. Die ‘Akzep­tanz sexu­el­ler Viel­falt’ geht jetzt in einer allge-
mei­nen Leit­per­spek­ti­ve ‘Akzep­tanz und Tole­ranz von Vielfalt’
auf. Dort heißt es nun, dass »der kon­struk­ti­ve Umgang mit Viel-
falt eine wich­ti­ge Kom­pe­tenz für die Men­schen in einer zu-
neh­mend von Kom­ple­xi­tät und Viel­falt gepräg­ten modernen
Gesell­schaft dar­stellt«. Strobl (CDU) rekla­mier­te für sich und
sei­ne Par­tei: Es kom­me kein ein­zi­ges Mal das Wort ‘Gen­der’
im Koali­ti­ons­ver­trag vor. »Dabei woll­ten die Grü­nen es am
lieb­sten drei Mal auf jede Sei­te schreiben.«
Bei­spiel Berlin
Dort prä­sen­tier­te der Schul­se­nat 2011 einen ‘Medi­en­kof­fer’.
Der Kof­fer ist Teil der Initia­ti­ve‘ Selbst­be­stim­mung und Akzep-
tanz sexu­el­ler Viel­falt’. Die­se war 2009 ein­stim­mig von allen
Frak­tio­nen des Abge­ord­ne­ten­hau­ses beschlos­sen wor­den. Zu-
sam­men­ge­stellt wur­de der Kof­fer von ‘Que­er­for­mat’, einem
Ver­bund von Ver­ei­nen, die über ‘les­bi­sche, schwu­le, bisexuelle
und trans­gen­der Lebens­wei­sen’ auf­klä­ren wol­len. In einer
Hand­rei­chung für Leh­rer fin­den sich Unter­richts­bei­spie­le, in de-
nen Her­an­wach­sen­de pan­to­mi­misch ‘Orgas­mus’, ‘Por­no’ oder
‘Sado-Maso’ dar­stel­len sol­len. Und in Rol­len­spie­len sol­len sie
ein Coming-out üben, zum Bei­spiel um der Fami­lie ihre Homo-
sexua­li­tät zu beichten.
Bei­spiel Hessen
Im Koali­ti­ons­ver­trag CDU/​GRÜNE vom Dezem­ber 2013 (Wah­len
vom 22. Sep­tem­ber 2013) steht: »Auf der Grund­la­ge des bisher
ein­ge­schla­ge­nen Weges und des 2014 erfol­gen­den Bei­tritts zur
‘Koali­ti­on gegen Dis­kri­mi­nie­rung’ wer­den wir zusam­men mit
den Selbst­ver­tre­tungs­or­ga­ni­sa­tio­nen der Les­ben, Schwu­len, Bi-
sexu­el­len, Trans­gen­der und Inter­se­xu­el­len einen ‘Akti­ons­plan
für Akzep­tanz und Viel­falt’ erar­bei­ten. Dazu gehört insbesonde-
re eine bes­se­re Beglei­tung von jun­gen Men­schen in der immer
noch oft­mals schwie­ri­gen Pha­se des ‘Coming Out’ und die stär-
kere Sen­si­bi­li­sie­rung für das The­ma in Schu­len auf Basis der be-
reits vor­han­de­nen SchLAU-Pro­jek­te…« SchLAU – Was ist das?
SchLAU heißt ‘Schwul­Les­bi­sche Aufklärung’.
Nun gibt es in Hes­sen seit 19. August 2016 den ‘Lehr­plan Sexu-
aler­zie­hung für all­ge­mein­bil­den­de und beruf­li­che Schu­len in
Hes­sen’. Laut Kul­tus­mi­ni­ste­ri­um sei die Ver­si­on von 2007 über-
holt gewe­sen. Die Über­ar­bei­tung tra­ge den gesellschaftlichen
und recht­li­chen Ver­än­de­run­gen Rech­nung, neh­me aber auch
Rück­sicht auf das Erzie­hungs­recht der Eltern. Die Schu­len seien
nun ange­hal­ten, auf die­ser Basis Unter­richts­kon­zep­te zu entwi-
ckeln – für Bio­lo­gie, aber auch für Deutsch, Ethik, Fremdspra-
chen, Geschich­te, Poli­tik und Wirtschaft.
Mas­si­ve Kri­tik kam vor allem von­sei­ten der Katho­li­schen Kirche
und des Lan­des­el­tern­bei­ra­tes; Zustim­mung aller­dings vonsei-
ten der Evan­ge­li­schen Kir­che. Die Kri­tik rich­tet sich dagegen,
dass Tole­ranz durch Akzep­tanz sexu­el­ler Viel­falt ersetzt wurde
und dass eine ‘Früh­sexua­li­sie­rung’ stattfinde.
Bei­spie­le:
Sechs- bis Zehn­jäh­ri­ge wer­den befasst mit fol­gen­den The-
men: unter­schied­li­che Fami­li­en­si­tua­tio­nen (zum Beispiel
Patch­work­fa­mi­li­en, Allein­er­zie­hen­de, Pfle­ge­fa­mi­li­en, gleich-
geschlecht­li­che Partnerschaften)
Zehn- bis Zwölf­jäh­ri­ge mit: unter­schied­li­che sexu­el­le Orien-
tie­run­gen und geschlecht­li­che Iden­ti­tä­ten (Hetereo‑, Bi,- Ho-
mo- und Transsexualität)
Übri­gens heißt es amt­lich: Die Teil­nah­me dar­an sei »ver­bind­lich
und nicht an die Zustim­mung der Eltern gebunden«.
Am Sonn­tag, 30. Okto­ber 2016, gab es dage­gen eine ‘Demo für
Alle’ am Lui­sen­platz vor dem Kultusministerium.
Bei­spiel Bayern
Ab 2015 wur­de in Bay­ern eine Neu­fas­sung der entsprechenden
Richt­li­ni­en von 2002 vor­be­rei­tet. Erste Ent­wür­fe wur­den – je
nach Grup­pie­rung – zum Teil hef­tig öffent­lich dis­ku­tiert. Seit
15. Dezem­ber 2016 sind nun die neu­en ‘Richt­li­ni­en für die Fami-
lien- und Sexu­al­erzie­hung in den baye­ri­schen Schu­len’ in Kraft.
Das Prin­zip ‘Akzep­tanz’ nicht-hete­ro­se­xu­el­ler Orientierungen
kommt dar­in nicht expli­zit vor. Anders als in ande­ren deutschen
Län­dern und abwei­chend vom ursprüng­li­chen Ent­wurf wird das
The­ma vor­sich­ti­ger ange­gan­gen, wie die nach­fol­gend wörtlich
zitier­ten Zie­le der Fami­li­en- und Sexu­al­erzie­hung zeigen:
»In höhe­ren Jahr­gangs­stu­fen wer­den vor dem Hintergrund
der ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Bedeu­tung von Ehe und Fami­lie un-

ter­schied­li­che Lebens­for­men und sexu­el­le Orientierungen

(Hetero‑, Homo‑, Bise­xua­li­tät) vor­ur­teils­frei von der Lehrkraft
ange­spro­chen.«
Als Ziel für die Jahr­gangs­stu­fen 7/​8 wird for­mu­liert: Schüler
»…ach­ten das Recht auf sexu­el­le Selbst­be­stim­mung, akzep-
tie­ren unter­schied­li­che Empfindungen.«
Als Zie­le für die Jahr­gangs­stu­fen 9/​10 wer­den angegeben:
Schü­ler »… zei­gen Tole­ranz und Respekt gegen­über Men­schen, unge­ach­tet ihrer sexu­el­len Iden­ti­tät; … ach­ten die ei-
gene sexu­el­le Ori­en­tie­rung und die sexu­el­le Ori­en­tie­rung an-
derer (Hetero‑, Homo‑, Bise­xua­li­tät); ach­ten und wis­sen um
Trans- und Intersexualität.«
Was den Teil Fami­li­en­er­zie­hung betrifft, so wird in den Richtlini-
en Bezug genom­men auf die Vor­ga­ben des Art. 48 des Bayeri-
schen Geset­zes über das Erzie­hungs- und Unterrichtswesens
(Bay­EUG). Dort steht: Fami­li­en- und Sexu­al­erzie­hung ist »… Teil
der Gesamt­erzie­hung mit dem vor­ran­gi­gen Ziel der Förderung
von Ehe und Familie.«
Bei­spiel: Schleswig-Holstein
Eine erste Fas­sung mit dem Titel ‘EVA – Ech­te Viel­falt von An-
fang an’ hat­te die schles­wig-hol­stei­ni­sche Sozi­al­mi­ni­ste­rin Kris-
tin Alheit (SPD) beim Les­ben- und Schwu­len­ver­band, Landesver-
band Schles­wig-Hol­stein (LSVD-SH), in Auf­trag gege­ben. Das
Gan­ze wur­de aber vom Bil­dungs­mi­ni­ste­ri­um gestoppt.
Knack­punkt ist fast über­all der Begriff Akzeptanz:
Akzep­tanz von »unter­schied­li­chen Part­ner­schafts­for­men und
Ver­ständ­nis­sen von Fami­lie, sexu­el­len Ori­en­tie­run­gen und ge-
schlecht­li­chen Iden­ti­tä­ten« wird gefordert.
Das geht wei­ter als Tole­ranz: Akzep­tanz ist etwas Akti­ves, es
heißt aner­ken­nen, ein­ver­stan­den sein.
Gewiss geht es um die Akzep­tanz der Men­schen, die Formen
nicht-hete­ro­se­xu­el­ler Viel­falt leben. Aber dar­aus lässt sich
kein Anspruch ablei­ten, dass man auch deren Tun und Lassen
zu akzep­tie­ren hat.
Will sagen: Tole­ranz wür­de rei­chen: also dul­den, gel­ten lassen.
Fazit
Erstens:
kann ich mich voll anschlie­ßen an das Rechtsgutachten
zur Ver­fas­sungs- und Gesetz­mä­ßig­keit der Erzie­hung von Schul-
kin­dern in Schles­wig-Hol­stein zur Akzep­tanz sexu­el­ler Vielfalt
von Dr. Chri­sti­an Win­ter­hoff (RA, Ver­fas­sungs­recht­ler, apl. Pro-
fes­sor an der Uni­ver­si­tät Göt­tin­gen) vom August 2016.
Hier des­sen wesent­li­che Ergebnisse:
1. Aus den Grund­rech­ten der Schü­ler und ihrer Eltern folgt,
dass der Staat in der Schu­le hin­rei­chen­de Neu­tra­li­tät und
Tole­ranz wah­ren und die erzie­he­ri­schen Vor­stel­lun­gen der
Eltern ach­ten muss.
2. Die Schu­le muss jeden Ver­such einer Indok­tri­nie­rung mit
dem Ziel unter­las­sen, ein bestimm­tes Sexu­al­ver­hal­ten zu
befür­wor­ten oder abzu­leh­nen. Sie hat das natür­li­che Scham-
gefühl der Kin­der zu achten.
3. Vor die­sem Hin­ter­grund erweist sich Unter­richt mit dem
Ziel, die Schü­ler zur – im Sin­ne einer Befür­wor­tung verstan-
denen – Akzep­tanz jeg­li­cher Art von Sexu­al­ver­hal­ten zu er-
zie­hen, als verfassungswidrig.
4. Staat­li­che Vor­ga­ben für die Sexu­al­erzie­hung, die Hetero‑,
Bi‑, Homo- und Trans­se­xua­li­tät als gleich­wer­ti­ge Aus-
drucks­for­men von Sexua­li­tät vor­ge­ben, ver­sto­ßen gegen
das Indok­tri­na­ti­ons­ver­bot
5. Im Fal­le einer indok­tri­nie­ren­den Sexu­al­erzie­hung besteht
ein Befrei­ungs­an­spruch für die Kin­der bzw. Eltern mit an-
derer Wer­te­ori­en­tie­rung.
6. Schu­li­sche Ver­an­stal­tun­gen zum The­ma ‘sexu­el­le Vielfalt’,
wie sie durch schwul-les­bi­sche Auf­klä­rungs­teams der Ver-
eine ‘Haki e.V.’ und ‘lambda::nord e.V.’ an öffent­li­chen Schu-
len in Schles­wig-Hol­stein durch­ge­führt wer­den, verstoßen
gegen gel­ten­des Ver­fas­sungs- und Geset­zes­recht (Schul­ge-
setz), wenn damit das Ziel der Ver­mitt­lung von Akzeptanz
nicht-hete­ro­se­xu­el­ler Ver­hal­tens­wei­sen ver­folgt wird.
Ähn­lich argu­men­tie­ren auch der Evan­ge­li­sche Arbeits­kreis der
CSU und die KED.
Ich erin­ne­re mich an Art. 126 der Baye­ri­schen Ver­fas­sung, wo
es heißt: »In per­sön­li­chen Erzie­hungs­fra­gen gibt der Wil­le der
Eltern den Aus­schlag.« Gibt es etwas Per­sön­li­che­res, Inti­me­res als
die Sexua­li­tät?
Drit­tens tei­le ich die Aus­sa­ge von Papst Franziskus.
Er hat jüngst die Gen­der-Theo­rie als ‘Feind der Ehe’ be-
zeich­net. »Es gibt heu­te einen Welt krieg, um die Ehe
zu zer­stö­ren«, sag­te er. Die Ehe wer­de nicht ‘mit Waf-
fen zer­stört’, son­dern ‘man zer­stört sie mit Ideen’. Der
Papst sprach von einer ‘ideo­lo­gi­schen Kolo­ni­sa­ti­on’ durch die Gender-Theorie.
Es ist jeden­falls ein Kul­tur­kampf, der sich hier abzeich­net. Dass das Grund­ge­setz Ehe und Fami­lie unter den beson­de­ren Schutz des Staa­tes und Erzie­hung aus­drück­lich als Recht der Eltern benennt, scheint nicht mehr über­all zu gelten.
Nur mit Ein­schrän­kun­gen scheint lei­der auch zu gel­ten das
Grund­recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung. Jeden­falls kann der-
jeni­ge nicht auf Tole­ranz rech­nen, der sich gegen das repressi-
ve Tole­ranz­ver­ständ­nis und die Deu­tungs­ho­heit der Protago-
nisten der Gen­der-Theo­rie stellt.
Quel­le: Herbst­ver­samm­lung des Diö­ze­san­rats der Katho­li­ken im Bis­tum Augs­burg, 29. Okto­ber 2016 (aktua­li­siert am 1. Febru­ar 2017)
Quel­le des vor­lie­gen­den Tex­tes: Deut­scher Phi­lo­lo­gen­ver­band, Zeit­schrift “Pro­fil” 4/​2017

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