Gender-Mainstream und Pädagogik –
Wie passt das zusammen?
von JOSEF KRAUS,
Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL)
Was ist ‘gender’?
Gender ist das soziale Geschlecht im Gegensatz zum biologi-
schen Geschlecht (‘Sex’). Während letzteres genetisch angelegt
bzw. allenfalls chirurgisch bzw. künstlich-hormonell veränderbar
sei, müsse man/frau sich Gender als soziales Produkt vorstellen.
In der Sprache des Konstruktivismus bzw. des Dekonstrukti-
vismus ist Gender eine soziale Konvention, ein soziales
Konstrukt, das aufgebaut oder eben gesprengt werden
kann. Ja, mehr noch: Nach der Gender Mainstream-Theorie
(GM) gibt es keinen kausalen Zusammenhang von biologi-
schem und sozialem Geschlecht. Die Heterosexualität, so
die Genderisten, sei ohnehin ein Repressionssystem. Inso-
fern sprechen die Gender-Theoretiker auch von Zwangshe-
terosexualität. Nach der Gender Mainstream-Theo-
rie gibt es keinen kausalen Zusammenhang von bio-
logischem und sozialem Geschlecht. Mit dieser These und ihren Folgen setzt sich der scheidende Präsident des Deutschen Lehrerverbandes in klarer Diktion
auseinander.
Das Männerbild des GM scheint demgegenüber von einer
höchst biologistischen Betrachtungsweise beeinflusst: Män-
ner hätten einfach ein falsches Chromosom, das für die Pro-
duktion von Testosteron verantwortlich sei. Testosteron aber
bedeute Terror, Tyrannei, Tod und Teufel; Östrogen dagegen
bedeute Friedlichkeit, Fruchtbarkeit, Frohsinn.
Seit der Weltfrauenkonferenz von 1995 in Peking ist GM-
Arbeit jedenfalls Teil der Arbeit der UNO und seit dem Amster-
damer Vertrag von 1999 Teil der Arbeit der EU und damit ver-
pflichtende Aufgabe der EU-Mitgliedsstaaten. Zum Beispiel
dürfen zukünftig laut EU-Parlament kochende und waschende
Mütter nicht mehr zu Werbezwecken gezeigt werden.
Die Schaffung eines neuen GM-Menschen ist jetzt regierungs-
amtliche Politik. Manche nennen das einen ‘rosa Sozialismus’.
Die Bundesregierung kann da nicht zurückstehen. Einen zwei-
stelligen Millionen-Betrag hat sie bereits ‘vergendert’. Zum Bei-
spiel fördert das Ressort für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend seit 2003 ein ‘GenderKompetenzZentrum’, das ist ein ‘an-
wendungsorientiertes Forschungsinstitut’ an der Humboldt-
Universität zu Berlin.
Übrigens gibt es derzeit in Deutschland etwa 120 Professuren
für alte Sprachen (unsere sprachlichen und kulturellen Wur-
zeln), aber 212 Professuren für Genderforschung!
Hier ein fast schon kabarettistisches Beispiel, wie sich GM in
der Politik umsetzt: namentlich im Gesetzentwurf der Bundes-
regierung für eine Novellierung des Mutterschutzgesetzes
(MuSchG) – Entwurf vom 28. Juni 2016; federführend: Manue-
la Schwesig (SPD). Die Definition von ‘Frau’ lautet dort in Para-
graph 2, Absatz 1, wie folgt: »Eine Frau im Sinne dieses Geset-
zes ist jede Person, die schwanger ist oder ein Kind geboren hat
oder stillt, unabhängig von dem in ihrem Geburtseintrag ange-
gebenen Geschlecht.« In den Erläuterungen zu diesem Entwurf
heißt es: »Damit gelten auch für Personen ohne Geschlechtsein-
trag und männliche Personen die Vorschriften des MuSchG, sofern sie schwanger sind, ein Kind gebären oder stillen. Die
Formulierung stellt sicher, dass auch zukünftige Änderungen
im Personenstand erfasst werden.«
Facebook ist da weiter: Wer sich dort einen Account anlegen
will, hat für die eigene Charakterisierung die Wahl zwischen
sechzig Geschlechtern!
Sodann macht GM vor allem nicht Halt vor der Sprache! Die
De-Konstruktion klassischer Geschlechterbilder findet nämlich
längst sprachlich statt. Ja, immer schon haben Mächtige und
Ideologen versucht, mit Sprachdiktaten die Gehirne zu beset-
zen.
George Orwell lässt grüßen. In seinem Roman ‘1984’ sagt der
an einem Wörterbuch der ‘Neusprache’ bastelnde Sprach-
wissenschaftler Syme zu Winston Smith, der Hauptfigur des
Romans: »Siehst du denn nicht, dass die Neusprache kein
anderes Ziel hat, als die Reichweite der Gedanken zu verkür-
zen? … Es ist lediglich eine Frage … der Wirklichkeitskontrolle.
… Die Revolution ist vollzogen, wenn die Sprache geschaffen
ist.«
Nun also geht ein neues Sprachgespenst um. Es heißt Gender-Linguistik. In der Folge werden Maskulina – ob es semantisch und grammatisch korrekt ist oder nicht – durch Femi-
nina ersetzt: BürgerInnen, FußgängerInnen … Und zwar ohne
Rücksicht darauf, dass mit dem generischen (männlichen) Plu-
ral als ‘genus collectivum’ in allen indogermanischen Sprachen
alle Menschen – ob Männlein oder Weiblein – mitgemeint
sind.
An der Humboldt-Universität Berlin (HUB) hat die Arbeitsgrup-
pe für ‘Feministisch Sprachhandeln’ eine Broschüre mit ‘anti-
diskriminierenden’ Sprachempfehlungen herausgegeben. Darin
werden etwa Sätze wie der folgende empfohlen: »Unsa Laut-
sprecha ist permanent auf Demos unterwegs. Ea erfreut sich
hoher Beliebtheit.«
Eine kleine Auswahl an weiteren Geniestreichen: ‘Der’ Mensch
darf auch nicht mehr sein, selbst wenn es ‘die’ Menschheit
gibt. ‘man’, ‘jemand’, ‘niemand’ dürfen ebenfalls nicht mehr
sein, weil all diese Wörter männlichen Ursprungs und Ausdruck
eines patriarchalischen Androzentrismus seien, den es zu ‘ent-
patrifizieren’ gelte. Das Frage- bzw. Relativpronomen ‘wer’ bei-
spielsweise soll in ‘wex’ umgewandelt werden. Ganz vorne
dran ist der/die/das Professx (sic!) Lann Hornscheidt – eine rea-
le Person, aber ein Künstlername, der das Geschlecht (real: Ant-
je) der Person nicht verraten soll. Hornscheidt ist Professx für
Gender Studies und Sprachanalyse am Zentrum für Transdis-
ziplinäre Geschlechterstudien. Sie wünscht als Anrede: »Sehr
geehrtx Profx Lann Hornscheidt«. Um wie viel witziger und
kreativer sind da doch die Namen Asterix, Obelix, Idefix, Mira-
culix, Majestix und Troubadix!
An der Universität Leipzig gibt es seit 2013 nur noch das gene-
rische Femininum: Professorinnen, Dozentinnen, dementspre-
chend die Anrede »Herr Professorin«. Die Uni Leipzig hat damit
mit einem Federstrich eine hundertprozentige Frauenquote in-
stalliert. Wieder woanders werden – auch aus Ministermunde
– Zuhörer einer Versammlung mit »Mitglieder und Mitgliede-
rinnen« angeredet.
Wo führt dieser ‘nicht-sexistische Sprachwahn’ sonst noch hin?
Es kommt zu seltsamen Partizipialkonstruktionen: das Bäcker-
handwerk wird zum Backenden-Handwerk, die Fußgängerbrü-
cke wird zur Fußgehenden-Brücke, der Reitersitz wird zum Rei-
tenden-Sitz .
So richtig international wird die Sache mit der EU: Die EU
möchte gerne die Bezeichnungen haben ‘Elter 1’ und ‘Elter 2’.
In manchen Kommunen Englands gibt es einen Leitfaden für
Lehrer: Man darf nicht mehr von ‘Mum and Dad’ sprechen. Es
könnte ja schließlich Kinder geben, die statt ‘Mum and Dad’
eben ‘Dad and Dad’ oder ‘Mum and Mum’ haben. In Spanien
soll es laut einem Gesetz der sozialistischen Regierung nicht
mehr Vater und Mutter heißen, sondern progenitor A und
progenitor B. Da fehlt nur noch – auch das bereits ein Vor-
schlag –, dass Neugeborene geschlechtsneutrale Namen be-
kommen, damit sie später ihr Geschlecht selbst auswählen
können.
Hier wird zudem ordentlich Zwang ausgeübt. An manchen
Universitäten bekommt man Punktabzüge in Examensarbei-
ten, wenn man keine gendergerechte Sprache verwendet.
GM-Pädagogik – oder: Gender macht Schule
Bei so viel Sprachregelung kann die Pädagogik nicht abseits-
stehen. Gender-sensible Bildung sowie Gendertraining sind
jetzt angesagt.
An der TU Berlin ist man längst soweit. Dort schlossen sich
1989 Pädagogen aus einer Männergruppe zusammen und
gründeten ‘Dissens’, einen Verein für eine ‘aktive Patriarchats-
kritik’. Hauptanliegen war es, Jungs früh zu Kritikern des eige-
nen Geschlechts zu erziehen. Rollenspiele für Jungen wie »Ich
habe eine Scheide und tue nur so, als sei ich ein Junge« gehö-
ren dazu. Das heißt dann ‘nicht-identitäre Jungenarbeit’, in
Österreich ‘nicht-identitäre Burschenarbeit’. Gerne bietet man
Jungen Nagellack und Prinzessinnenkleider an.
‘man’/’frau’ wird nicht müde, das Ende der ‘Zwangsheterose-
xualität’ anzusagen. Auch ‘wissenschaftlich’! So gibt es mittler-
weile Dissertationen mit dem Titel ‘Doing Gender im Chemie-
unterricht’.
Beispiel Baden-Württemberg
Im Südwesten der Republik sorgte Ende 2013 ein kultusminis-
terielles ‘Arbeitspapier’ für Furore. Baden-Württembergs dama-
lige grün-rote Landesregierung wollte damit die Bildungsplanre-
form 2015/2016 einleiten.
Stein des Anstoßes war ein das gesamte Arbeitspapier prägen-
de durchgängige Ziel, nämlich dass stets der »Gesichtspunkt
der Akzeptanz sexueller Vielfalt« zu berücksichtigen sei. Ge-
meint waren mit Vielfalt ‘LSBTTI-Menschen’ – also »die Gruppe
von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, trans-
gender und intersexuellen Menschen«. Bei ‘Bildung für nach-
haltige Entwicklung’ lauteten die Ziele etwa wie folgt: »Schüle-
rinnen und Schüler kennen die verschiedenen Formen des Zu-
sammenlebens von/mit LSBTTI-Menschen…« Im Rahmen der
‘Medienbildung’ sollten sich Schüler »in digitalen Medien über
Lebenssituationen von LSBTTI-Menschen« informieren. So ging es dahin – quer durch alle (!) Schulstufen inklusive Grund-
schule und ‘spiralcurricular’ durch alle (!) Unterrichtsfächer.
Aussagen zu Ehe und Familie suchte man in dem Papier verge-
bens. Gegen all das regte sich massiver Widerstand. Der Realschul-
lehrer Gabriel Stängle hatte via Internet-Petition über 190 000 Unterschriften sammeln können. In seinem Petitionspapier hieß es explizit:
»Wir unterstützen das Anliegen, Homosexuelle, Bisexuelle,
Transgender, Transsexuelle und Intersexuelle nicht zu diskrimin-
ieren.« Das vorliegende ministerielle Papier, so Stängle,
ziele aber auf eine Umerziehung. Direkte oder indirekte Unter-
stützung erfuhren die Petenten seitens der CDU und der Kir-
chen. Vor allem wandten sich die Kirchen gegen jede Form der
‘Funktionalisierung, Instrumentalisierung, Ideologisierung und
Indoktrination’ zumal im ‘sensiblen Bereich der sexuellen Iden-
tität’. Die Petition gegen die ‘Ideologie des Regenbogens’ war
aber kaum öffentlich geworden, da brach eine medial eifrig be-
gleitete Entrüstung aus. Gegen Lehrer Stängle gibt es beim Re-
gierungspräsidium Karlsruhe eine Dienstaufsichtsbeschwerde,
weil er gegen das Mäßigungsgebot des Beamtenrechts versto-
ßen habe. Große Teile der Presse schreiben davon, dass die Pe-
tenten mit ihrer ‘Homo- und Transphobie’ eine ‘Hetze’ gegen
Homosexuelle inszeniert hätten. Von ‘rechtsextremen, funda-
mentalistischen Strömungen’ war gar die Rede.
Nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg vom 13. März
2016 und der grün-schwarzen Regierungsbildung Mitte Mai
2016 gibt es das Leitprinzip ‘Akzeptanz sexueller Vielfalt’ nicht
mehr. Die ‘Akzeptanz sexueller Vielfalt’ geht jetzt in einer allge-
meinen Leitperspektive ‘Akzeptanz und Toleranz von Vielfalt’
auf. Dort heißt es nun, dass »der konstruktive Umgang mit Viel-
falt eine wichtige Kompetenz für die Menschen in einer zu-
nehmend von Komplexität und Vielfalt geprägten modernen
Gesellschaft darstellt«. Strobl (CDU) reklamierte für sich und
seine Partei: Es komme kein einziges Mal das Wort ‘Gender’
im Koalitionsvertrag vor. »Dabei wollten die Grünen es am
liebsten drei Mal auf jede Seite schreiben.«
Beispiel Berlin
Dort präsentierte der Schulsenat 2011 einen ‘Medienkoffer’.
Der Koffer ist Teil der Initiative‘ Selbstbestimmung und Akzep-
tanz sexueller Vielfalt’. Diese war 2009 einstimmig von allen
Fraktionen des Abgeordnetenhauses beschlossen worden. Zu-
sammengestellt wurde der Koffer von ‘Queerformat’, einem
Verbund von Vereinen, die über ‘lesbische, schwule, bisexuelle
und transgender Lebensweisen’ aufklären wollen. In einer
Handreichung für Lehrer finden sich Unterrichtsbeispiele, in de-
nen Heranwachsende pantomimisch ‘Orgasmus’, ‘Porno’ oder
‘Sado-Maso’ darstellen sollen. Und in Rollenspielen sollen sie
ein Coming-out üben, zum Beispiel um der Familie ihre Homo-
sexualität zu beichten.
Beispiel Hessen
Im Koalitionsvertrag CDU/GRÜNE vom Dezember 2013 (Wahlen
vom 22. September 2013) steht: »Auf der Grundlage des bisher
eingeschlagenen Weges und des 2014 erfolgenden Beitritts zur
‘Koalition gegen Diskriminierung’ werden wir zusammen mit
den Selbstvertretungsorganisationen der Lesben, Schwulen, Bi-
sexuellen, Transgender und Intersexuellen einen ‘Aktionsplan
für Akzeptanz und Vielfalt’ erarbeiten. Dazu gehört insbesonde-
re eine bessere Begleitung von jungen Menschen in der immer
noch oftmals schwierigen Phase des ‘Coming Out’ und die stär-
kere Sensibilisierung für das Thema in Schulen auf Basis der be-
reits vorhandenen SchLAU-Projekte…« SchLAU – Was ist das?
SchLAU heißt ‘SchwulLesbische Aufklärung’.
Nun gibt es in Hessen seit 19. August 2016 den ‘Lehrplan Sexu-
alerziehung für allgemeinbildende und berufliche Schulen in
Hessen’. Laut Kultusministerium sei die Version von 2007 über-
holt gewesen. Die Überarbeitung trage den gesellschaftlichen
und rechtlichen Veränderungen Rechnung, nehme aber auch
Rücksicht auf das Erziehungsrecht der Eltern. Die Schulen seien
nun angehalten, auf dieser Basis Unterrichtskonzepte zu entwi-
ckeln – für Biologie, aber auch für Deutsch, Ethik, Fremdspra-
chen, Geschichte, Politik und Wirtschaft.
Massive Kritik kam vor allem vonseiten der Katholischen Kirche
und des Landeselternbeirates; Zustimmung allerdings vonsei-
ten der Evangelischen Kirche. Die Kritik richtet sich dagegen,
dass Toleranz durch Akzeptanz sexueller Vielfalt ersetzt wurde
und dass eine ‘Frühsexualisierung’ stattfinde.
Beispiele:
•
Sechs- bis Zehnjährige werden befasst mit folgenden The-
men: unterschiedliche Familiensituationen (zum Beispiel
Patchworkfamilien, Alleinerziehende, Pflegefamilien, gleich-
geschlechtliche Partnerschaften)
•
Zehn- bis Zwölfjährige mit: unterschiedliche sexuelle Orien-
tierungen und geschlechtliche Identitäten (Hetereo‑, Bi,- Ho-
mo- und Transsexualität)
Übrigens heißt es amtlich: Die Teilnahme daran sei »verbindlich
und nicht an die Zustimmung der Eltern gebunden«.
Am Sonntag, 30. Oktober 2016, gab es dagegen eine ‘Demo für
Alle’ am Luisenplatz vor dem Kultusministerium.
Beispiel Bayern
Ab 2015 wurde in Bayern eine Neufassung der entsprechenden
Richtlinien von 2002 vorbereitet. Erste Entwürfe wurden – je
nach Gruppierung – zum Teil heftig öffentlich diskutiert. Seit
15. Dezember 2016 sind nun die neuen ‘Richtlinien für die Fami-
lien- und Sexualerziehung in den bayerischen Schulen’ in Kraft.
Das Prinzip ‘Akzeptanz’ nicht-heterosexueller Orientierungen
kommt darin nicht explizit vor. Anders als in anderen deutschen
Ländern und abweichend vom ursprünglichen Entwurf wird das
Thema vorsichtiger angegangen, wie die nachfolgend wörtlich
zitierten Ziele der Familien- und Sexualerziehung zeigen:
•
»In höheren Jahrgangsstufen werden vor dem Hintergrund
der verfassungsmäßigen Bedeutung von Ehe und Familie un-
terschiedliche Lebensformen und sexuelle Orientierungen
(Hetero‑, Homo‑, Bisexualität) vorurteilsfrei von der Lehrkraft
angesprochen.«
•
Als Ziel für die Jahrgangsstufen 7/8 wird formuliert: Schüler
»…achten das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, akzep-
tieren unterschiedliche Empfindungen.«
•
Als Ziele für die Jahrgangsstufen 9/10 werden angegeben:
Schüler »… zeigen Toleranz und Respekt gegenüber Menschen, ungeachtet ihrer sexuellen Identität; … achten die ei-
gene sexuelle Orientierung und die sexuelle Orientierung an-
derer (Hetero‑, Homo‑, Bisexualität); achten und wissen um
Trans- und Intersexualität.«
Was den Teil Familienerziehung betrifft, so wird in den Richtlini-
en Bezug genommen auf die Vorgaben des Art. 48 des Bayeri-
schen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesens
(BayEUG). Dort steht: Familien- und Sexualerziehung ist »… Teil
der Gesamterziehung mit dem vorrangigen Ziel der Förderung
von Ehe und Familie.«
Beispiel: Schleswig-Holstein
Eine erste Fassung mit dem Titel ‘EVA – Echte Vielfalt von An-
fang an’ hatte die schleswig-holsteinische Sozialministerin Kris-
tin Alheit (SPD) beim Lesben- und Schwulenverband, Landesver-
band Schleswig-Holstein (LSVD-SH), in Auftrag gegeben. Das
Ganze wurde aber vom Bildungsministerium gestoppt.
Knackpunkt ist fast überall der Begriff Akzeptanz:
•
Akzeptanz von »unterschiedlichen Partnerschaftsformen und
Verständnissen von Familie, sexuellen Orientierungen und ge-
schlechtlichen Identitäten« wird gefordert.
•
Das geht weiter als Toleranz: Akzeptanz ist etwas Aktives, es
heißt anerkennen, einverstanden sein.
•
Gewiss geht es um die Akzeptanz der Menschen, die Formen
nicht-heterosexueller Vielfalt leben. Aber daraus lässt sich
kein Anspruch ableiten, dass man auch deren Tun und Lassen
zu akzeptieren hat.
•
Will sagen: Toleranz würde reichen: also dulden, gelten lassen.
Fazit
Erstens:
kann ich mich voll anschließen an das Rechtsgutachten
zur Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit der Erziehung von Schul-
kindern in Schleswig-Holstein zur Akzeptanz sexueller Vielfalt
von Dr. Christian Winterhoff (RA, Verfassungsrechtler, apl. Pro-
fessor an der Universität Göttingen) vom August 2016.
Hier dessen wesentliche Ergebnisse:
1. Aus den Grundrechten der Schüler und ihrer Eltern folgt,
dass der Staat in der Schule hinreichende Neutralität und
Toleranz wahren und die erzieherischen Vorstellungen der
Eltern achten muss.
2. Die Schule muss jeden Versuch einer Indoktrinierung mit
dem Ziel unterlassen, ein bestimmtes Sexualverhalten zu
befürworten oder abzulehnen. Sie hat das natürliche Scham-
gefühl der Kinder zu achten.
3. Vor diesem Hintergrund erweist sich Unterricht mit dem
Ziel, die Schüler zur – im Sinne einer Befürwortung verstan-
denen – Akzeptanz jeglicher Art von Sexualverhalten zu er-
ziehen, als verfassungswidrig.
4. Staatliche Vorgaben für die Sexualerziehung, die Hetero‑,
Bi‑, Homo- und Transsexualität als gleichwertige Aus-
drucksformen von Sexualität vorgeben, verstoßen gegen
das Indoktrinationsverbot
5. Im Falle einer indoktrinierenden Sexualerziehung besteht
ein Befreiungsanspruch für die Kinder bzw. Eltern mit an-
derer Werteorientierung.
6. Schulische Veranstaltungen zum Thema ‘sexuelle Vielfalt’,
wie sie durch schwul-lesbische Aufklärungsteams der Ver-
eine ‘Haki e.V.’ und ‘lambda::nord e.V.’ an öffentlichen Schu-
len in Schleswig-Holstein durchgeführt werden, verstoßen
gegen geltendes Verfassungs- und Gesetzesrecht (Schulge-
setz), wenn damit das Ziel der Vermittlung von Akzeptanz
nicht-heterosexueller Verhaltensweisen verfolgt wird.
Ähnlich argumentieren auch der Evangelische Arbeitskreis der
CSU und die KED.
Ich erinnere mich an Art. 126 der Bayerischen Verfassung, wo
es heißt: »In persönlichen Erziehungsfragen gibt der Wille der
Eltern den Ausschlag.« Gibt es etwas Persönlicheres, Intimeres als
die Sexualität?
Drittens teile ich die Aussage von Papst Franziskus.
Er hat jüngst die Gender-Theorie als ‘Feind der Ehe’ be-
zeichnet. »Es gibt heute einen Welt krieg, um die Ehe
zu zerstören«, sagte er. Die Ehe werde nicht ‘mit Waf-
fen zerstört’, sondern ‘man zerstört sie mit Ideen’. Der
Papst sprach von einer ‘ideologischen Kolonisation’ durch die Gender-Theorie.
Es ist jedenfalls ein Kulturkampf, der sich hier abzeichnet. Dass das Grundgesetz Ehe und Familie unter den besonderen Schutz des Staates und Erziehung ausdrücklich als Recht der Eltern benennt, scheint nicht mehr überall zu gelten.
Nur mit Einschränkungen scheint leider auch zu gelten das
Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Jedenfalls kann der-
jenige nicht auf Toleranz rechnen, der sich gegen das repressi-
ve Toleranzverständnis und die Deutungshoheit der Protago-
nisten der Gender-Theorie stellt.
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Quelle: Herbstversammlung des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Augsburg, 29. Oktober 2016 (aktualisiert am 1. Februar 2017)
Quelle des vorliegenden Textes: Deutscher Philologenverband, Zeitschrift “Profil” 4/2017