Die Unabhängigkeit der Gerichte ist das höchste Gut in einem Rechtsstaat. Urteilsschelte gilt als verpönt. Noch verpönter ist es, einen Richter persönlich an den Pranger zu stellen, weil seine Entscheidungen jemandem nicht passen. Doch in der Corona-Krise sind nicht nur die Grundrechte auf einmal massiv eingeschränkt, so als wären sie von den Vätern des Grundgesetzes nach ihren Erfahrungen mit den Schrecken des Hitlerreichs nur für Sonntagsreden in die Verfassung geschrieben worden. Und eben nicht dafür, dass sie eine wirksame Barriere sind, wenn Politiker sie wirklich außer Kraft setzen. Wie jetzt.
„Bild“ titelt nun: „Sitzt in Weimar ein Querdenker auf dem Richterstuhl?“ Die Zeitung versucht damit, den Richter, der mit vollem Namen genannt wird, als „Querdenker“ zu „framen“. Focus Online zeigt groß das Bild des Richters, direkt neben einer Aufnahme einer „Corona-Demo“, nennt seinen Namen und schreibt unter der Überschrift „Radikaler Masken-Gegner: Dieser Richter hätte niemals ein Corona-Urteil fällen dürfen“ Folgendes: „Ein Amtsrichter aus Thüringen klagt privat gegen staatliche Maßnahmen zum Schutz vor Covid-19. Dennoch darf er über den Fall eines Corona-Regelbrechers entscheiden. Er spricht ihn frei und schießt massiv gegen die Politik. Handelte der Richter neutral? Überparteilich? Unvoreingenommen? Zweifel sind angebracht.“ Focus Online gehört zum Burda Verlag. Dessen Berliner Repräsentanz wird von Gesundheitsminister Jens Spahns Ehemann geleitet. Auch in der „Bild“-Chefredaktion gibt es enge Kontakte zu Spahn.
Quelle: Nach Weimarer Corona-Urteil: Medien-Mobbing gegen Richter – reitschuster.de